Warum verschlüsselt kommunizieren? Ich habe doch nichts zu verbergen!

Letztes Jahr haben wir erfahren, dass wir alle überwacht werden. Was wir tun, wo wir sind, wem wir was zu sagen haben. Das war für manche eh schon klar, für andere ein Schock und wieder andere sagten: “Ach naja, ich habe doch nichts zu verbergen, also ist mir das egal. Außerdem kann man ja sowieso nichts dagegen tun.”

Dass wir nichts gegen die Überwachung tun können, glaube ich mittlerweile auch. Selbst wenn sämtliche Regierungen beschließen würden, damit aufzuhören, würde es doch irgendwer tun. Einfach weil es technisch möglich ist. Also bleibt nur eins: technisch dagegen halten. Die Überwachung zumindest ein bisschen zu erschweren.

Aber warum sollte ich verschlüsselt kommunizieren? Weil Facebook Whatsapp gekauft hat?

Nein, das sehe ich nicht als Problem. In meinen Augen spielen soziale Netzwerke zwar eine Rolle, weil sie Daten über mich gebündelt sammeln und es den überwachenden Organisationen so einfacher machen, mehr über mich zu wissen. Doch Facebook selbst stellt für mich (so wie ich das ganze Thema interpretiere) keine Gefahr dar.

Die Gefahr entsteht durch NSA und andere Einrichtungen, die dafür sorgen, dass wir in einem Überwachungsstaat leben, der alles über uns weiß. Alles. Da spielt in Deutschland z.B. auch die Vorratsdatenspeicherung (VDS) eine Rolle. (bei netzpolitik.org gibt es regelmäßig Infos dazu). Uns allen wird erstmal misstraut, wir stehen alle unter Generalverdacht.

Warum wir eben doch etwas zu verbergen haben (sollten) wird in einem Artikel auf wired.com ziemlich gut erläutert. Ich möchte die interessantesten Punkte daher hier übersetzen und zusammenfassen.

Wir werden nicht immer wissen, dass wir etwas zu verbergen haben.

Es gibt so viele Gesetze, dass niemand den Überblick behalten kann, ob er/sie nicht doch aus Versehen eines davon verletzt. Okay, das bezieht sich auf die USA, dort ist das ja besonders unübersichtlich, aber das lässt sich auch auf Deutschland übertragen. Wer kann schon mit absoluter Sicherheit behaupten, nie auch nur gegen das kleinste Gesetz verstoßen zu haben? Was ist mit deiner Vergangenheit? Und bist du vielleicht damals im Asienurlaub Motorrad gefahren, obwohl du keinen Führerschein dafür hast? Hast du in Australien auf der Straße Alkohol konsumiert? Viele Kleinigkeiten sind eben doch Verstöße.

Wir sollten etwas zu verbergen haben.

Darüber hatte ich vorher nie nachgedacht. Wenn die Einhaltung von Gesetzen so effektiv überprüft und umgesetzt werden kann, dass niemand mehr gegen eines verstoßen wird, dann bleiben alle Gesetze unverändert. Weil ja niemand das Verbotene tun konnte und dabei herausfinden konnte, dass es eigentlich gut und wichtig ist. Wenn man mal ein wenig in die Vergangenheit blickt stellt man fest, dass es nicht wenige Gesetze früher einmal gab, die es heute zum Glück nicht mehr gibt. In Minnesota war zum Beispiel Homosexualität bis 2001 noch illegal. Da manche Menschen aber trotzdem homosexuell sind und sein konnten und so gegen dieses Gesetz verstoßen konnten (weil eben keine totale Überwachung stattgefunden hat) hat man gemerkt, dass das völlig okay ist und das Gesetz wurde geändert. Grob zusammengefasst, aber es leuchtet ein. Man muss gegen manche Gesetze auch verstoßen können. Über Dinge nicht nur theoretisch nachdenken können, sondern sie erleben und machen können.

Imagine if there were an alternate dystopian reality where law enforcement was 100% effective, such that any potential law offenders knew they would be immediately identified, apprehended, and jailed. If perfect law enforcement had been a reality in Minnesota, Colorado, and Washington since their founding in the 1850s, it seems quite unlikely that these recent changes would have ever come to pass. How could people have decided that marijuana should be legal, if nobody had ever used it? How could states decide that same sex marriage should be permitted, if nobody had ever seen or participated in a same sex relationship?

Technologie und die Durchsetzung von Gesetzen

Früher war es viel aufwändiger, jemanden zu verfolgen und zu überwachen. Man musste hinter mir herlaufen und mich beschatten. Heute trage ich ein kleines Gerät mit mir herum, was an ein Unternehmen übermittelt, wo ich bin und was ich mache. Und diese Daten muss das Unternehmen an Geheimdienste rausgeben. Wenn also jede Handlung jeder Person ständig aufgezeichnet und gespeichert wird, kann man sich vorstellen wie einfach es ist, in den ganzen Daten irgendetwas zu finden, was dieser Person schadet und vorgeworfen werden kann.

Ich bin keine Verbrecherin und noch nicht einmal Aktivistin. Aber wenn ich irgendwann mal jemandem nicht in den Kram passe, wird sich bestimmt etwas finden. Auch wenn ich gerade nicht weiß, was das sein könnte.

Darum möchte ich jetzt auf verschlüsselte Kommunikation umsteigen. Nicht weil ich besonders geheime Dinge verbreite. Nur so aus Prinzip. Ich finde wir sollten uns nicht einfach so überwachen lassen. So stelle ich mir Freiheit nicht vor.

Und wie verschlüsselt man?

Ehrlich gesagt bin ich nicht die richtige, um euch das zu erklären. Ich habe aber ein paar Dinge schon gelernt und möchte mit dem anfangen, was ich weiß und was für Anfänger problemlos machbar ist. Das einfachste scheint ein Wechsel von nicht-verschlüsselten Messenger-Apps zu einer verschlüsselten Variante. Bei der Wahl vertraue ich in technischen Fragen Leuten, die etwas von Verschlüsselung verstehen. (siehe: Moeffju über sicheres Instant Messaging) Und dann ist noch wichtig, dass die App gut nutzbar ist und möglichst schon ein paar meiner Kontakte auch dort sind. Das wird das größte Problem: wie schafft man es, dass alle mitziehen? Welche App wird der neue Standard? Oder bleiben alle bei Whatsapp? Wie auch immer – niemand weiß es.

Ich möchte euch hiermit auffordern, über einen Wechsel zu einer verschlüsselten App nachzudenken. Meine Wahl ist erstmal Threema. Wer sich ein paar andere anschauen möchte: Johnny hat mehrere Apps getestet (auf Nutzbarkeit, nicht auf die Technik im Hintergrund).

Threema ist aus folgenden Gründen mein Favorit:

  • Ich habe mich da vor ein paar Wochen angemeldet und hatte schon ein paar Kontakte – seit gestern kamen noch einmal 10 neue dazu
  • Einfach einzurichten
  • gut Nutzbar und schickes Design
  • offenbar eine gute Verschlüsselung
  • Nachteil: nicht Open Source; nur Android und iOS.

Eine weitere App, die seit gestern zu den Favoriten gezählt wurde, ist Telegram. Da deren Verschlüsselung aber offenbar nicht die beste ist, und ich dort bisher nur 3 Kontakte habe, habe ich mich trotz “closed-source” für Threema entschieden. Irgendeinen Nachteil muss man aktuell sowieso überall in Kauf nehmen.

Das nächste ist dann die Einrichtung einer Verschlüsselung meiner E-Mails. Vielleicht schreibe ich dazu auch noch einmal etwas.

Wie seht ihr die ganze Sache? Welche Apps nutzt ihr? Findet ihr Verschlüsselung übertrieben? Bitte teilt eure Erfahrungen und euer Wissen in den Kommentaren. Ich freue mich über Input.

(Ja, ich weiß dass es für den Schutz meiner Daten nicht ausreicht, die Messaging App zu wechseln. Trotzdem mussten diese Gedanken jetzt einmal raus und aufgeschrieben werden.)

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Was ist ein Überwachungsstaat? /via @netzpolitik.org

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